Briefing für Protagonisten
Das Teleobjektiv kann aus der Ferne beobachten, das Mikrofon muss nah an der Schallquelle sein, aber nicht im Bild. Also habe ich da einen Taschensender mit einem kleinen Ansteckmikrofon, das ich bitten werde vor Drehbeginn an den Ausschnitt zu stecken. Dabei müsste bitte auch das Kabel unsichtbar bleiben, also unter der Kleidung verlegt werden. Meine Kamera ist groß und schwer und ich muss den richtigen Blickwinkel finden, Stativ, Schärfe und Blende einstellen, die Handlungsachse und die Blickachse beachten. Der Umbau mit Stativ braucht immer etwas Zeit, aber ich bin schnell und der Sport macht mir Spaß – also, manchmal muss ich bitten, etwas zu warten oder von der anderen Seite zu agieren, aber ich strebe unbedingt an, dass nichts wiederholt werden muss. Damit es um Begegnungen und Dialoge zur Sache geht, versuche ich, ein Geschehen zeitnah aus mehreren Perspektiven aufzunehmen, den unterschiedlichen Blickwinkeln gerecht zu werden, die Beziehungen zur Sache und die Sache mit den Beziehungen zu thematisieren. Mimik, Gesten, Sprachmelodie, Dialogrhythmus, Präsenz, Vorausdenken und -träumen, das spielt ja alles mit. Dabei interpretiert die Kamera fortwährend durch Nahaufnahmen und distanzierte Totalen, durch Fokussieren und Weglassen, auch durch Töne „im Off“, die ausserhalb des Bildes bleiben, um Reaktionen, Wirkungen zu zeigen. Wir treffen ja Verabredungen miteinander, vereinbaren Spielregeln zum Drehen. Aber wenn nicht inszeniert, nicht gespielt werden soll, sind Konzept und Realisation notwendig einer Wahrscheinlichkeitsberechnung unterworfen: „So könnte es geschehen, das könnte passieren, wir werden wahrscheinlich diese Bilder und Töne bekommen“. Eine Art Versuchsanordnung, sonst wird ein Drehbuch abgearbeitet, und die Authentizität ist verloren. Da gilt es mutige Entfaltung zu ermöglichen.
Der Film selbst entsteht dann am Schneidetisch mehr oder weniger nach Konzept, dem Schnittmuster und berücksichtigt Sehgewohnheiten.
Journalisten sprechen von den sechs W-Fragen, wo wer wann was wie warum. Mitunter entdeckt man dann etwas, was gar nicht beabsichtigt war, zum Guten oder Schlechten. Das Material ändert sich scheinbar durch mehrmaliges Betrachten, die Montage muss durch notwendige Krisen, doch meistens gibt es für Unzulänglichkeiten akzeptable Lösungen durch Zwischenschnitte, Zeitsprünge und Umformulierungen. Wer macht schlussendlich den Film? Die Produzentin, Realisatorin, die Protagonisten, die Autoren, die Kamera, die Montage? Klare Antwort: Filmemachen ist Teamarbeit.